Dr. Jens Brandenburg

Bundesregierung drückt sich bei digitaler Bildung vor Verantwortung

Bundesregierung drückt sich bei digitaler Bildung vor Verantwortung

Laut einer Antwort des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jens Brandenburg, Nicola Beer und der Fraktion der Freien Demokraten sieht der Digitalpakt für die Schulen keine Mittel für die Beschaffung mobiler Endgeräte vor. Die Schülerinnen und Schüler sollen stattdessen künftig mit ihren privaten Smartphones und Tablets am digitalen Unterricht teilnehmen. Aus der Antwort geht ebenso hervor, dass noch viel Zeit vergehen wird, bis die benötigten finanziellen Mittel bei den Schulen ankommen, da es noch kein entscheidungsreifes Ergebnis der Bund-Länder-Gruppe gibt.

Dazu erklären Nicola Beer (bildungspolitische Sprecherin) und Dr. Jens Brandenburg (Sprecher für Studium, berufliche Bildung und lebenslanges Lernen):

Nicola Beer: „Die Kinder, die wir heute ausbilden, werden nach ihrem Schulabschluss in Berufen arbeiten, die es heute noch gar nicht gibt. Darauf müssen wir sie vorbereiten, denn sie werden im internationalen Wettbewerb bestehen müssen. Um weltbeste Bildung zu erreichen, müssen wir endlich die bereits existierenden innovativen Lehr- und Lernmaterialien nutzen, die Lehreraus- und -fortbildung entsprechend modernisieren und dafür sorgen, dass die Ausstattung der Schulen so auf den neusten Stand gebracht wird, dass die neuen Systeme im Unterricht auch angewendet werden können. Das ist kein Luxus, sondern in nicht wenigen anderen Staaten bereits Standard. Hier besteht in Deutschland dringender Nachholbedarf. Deshalb wollen wir eine Bildungsoffensive starten, die einen Mehrwertsteuerpunkt des bestehenden Mehrwertsteueraufkommens pro Jahr in die Modernisierung unseres Bildungssystems investiert und davon in den nächsten fünf Jahren 1000 Euro pro Schüler in Technik und Modernisierung unserer Schulen investieren.“

Dr. Jens Brandenburg: „Die Bundesregierung hat wertvolle Zeit verloren und verschläft die Digitalisierung für eine gesamte Schülergeneration. Eine Umsetzung des 2016 vollmundig angekündigten Digitalpakts ist noch lange nicht in Sicht. Das Bildungsministerium verweist wieder einmal auf den Bundeshaushalt, die angestrebte Grundgesetzänderung, anstehende Ressortabstimmungen und noch nicht vorhandene Stellen der Länder. Doch nicht einmal die operative Abstimmung mit den Ländern ist abgeschlossen. Nach 15 Monaten Beratungszeit diskutieren Bund und Länder noch immer über Verfahrensfragen zur Beantragung der Mittel. Das lässt sich nicht auf die Regierungsbildung schieben. 100 Milliarden Euro kosten die GroKo-Rentenpläne, gerade einmal 5 Milliarden Euro ist ihr die digitale Bildung wert. Das ist kein Digitalpakt, sondern ein Päckchen. Nötig wäre ein breit angelegtes Investitionsprogramm, das den Schulen aus einer Hand unbürokratisch Budgets zur Verbesserung ihrer digitalen Ausstattung bereitstellt. Stattdessen rechnet sich das Ministerium den Handlungsbedarf künstlich klein. Ausgaben für Netzanschlüsse, Lehrerausbildung und bauliche Maßnahmen sollen aus anderen Töpfen bezahlt werden. Die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit mobilen Endgeräten schiebt die Bundesregierung auf die Eltern. Damit stößt die Bundesregierung auch den Ländern vor den Kopf. Im KMK-Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“ betrachten diese – anders als von der Bundesregierung behauptet – die nun ausgerufene Strategie nicht als favorisierte Lösung, sondern allenfalls als mögliche Option. Darüber hinaus verliert die Antwort kein Wort zu Ersatzgeräten, zur Lernmittelfreiheit oder zu Schülern, die kein eigenes Tablet aus dem Elternhaus mitbringen. „Bring your own device“ kann für Schulen in gut situierten Wohngebieten eine Lösung sein. Damit Schulen selbst die freie Wahl haben, brauchen sie aber ausreichende Mittel. Die Teilnahme am digitalen Unterricht darf keine Frage des elterlichen Geldbeutels sein.“